KFV rechnet im heurigen Herbst mit mehr als 2.000 Wanderunfällen: Darauf ist jetzt zu achten

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Mindestens 48 Menschen sind heuer (Stand: 22. September) in Österreich bereits beim Wandern und Bergsteigen ums Leben gekommen – und auch im Herbst bleibt das Unfallrisiko hoch, wie KFV-Statistiken zeigen. Mit durchschnittlich mehr als 2.000 verletzten Menschen, die im Krankenhaus behandelt werden müssen, ist in den Herbstmonaten September bis November zu rechnen, so die Unfallanalysten. Neben klassischen Ursachen wie Unachtsamkeit oder Selbstüberschätzung verschärfen saisontypische Faktoren wie kürzere Tage, rutschiger Untergrund und Wetterumschwünge die Bedingungen. Das KFV rät daher zu besonderer Vorsicht und guter Vorbereitung.

Wien, 02. Oktober 2025. Der Herbst ist für viele die schönste Wanderzeit. Doch die Saison birgt ihre Tücken: Wandernde müssen sich auf kühlere Temperaturen, frühe Dunkelheit und rutschige Wege einstellen. In hochalpinen Lagen sind zudem Schneefälle nicht auszuschließen. „Warme Kleidung, Stirnlampe, Erste-Hilfe-Set und Biwaksack mitzunehmen sowie früh aufzubrechen, um nicht in die Dunkelheit zu geraten – das kann im Ernstfall Leben retten“, erklärt Dr. Johanna Trauner-Karner, Leiterin des Bereichs Sport- und Freizeitsicherheit im KFV. „Sicherheit bedeutet aber auch, eine Tour zu verschieben, wenn das Wetter nicht mitspielt.“

Häufige Unfallursachen: Unachtsamkeit, Selbstüberschätzung & ungeeignete Ausrüstung Im Vorjahr mussten rund 11.800 Menschen nach Wanderunfällen im Krankenhaus behandelt werden. Das ist ein Plus von 17 Prozent im Vergleich zum Vorjahr (2023: 10.100) sowie auch eine Folge des anhaltenden Bergsport-Booms (Anm.: Diese Zahlen beziehen sich ausschließlich auf Wanderunfälle, andere alpine Sportarten, wie Bergsteigen oder Klettern sind darin nicht enthalten). Allein in den Herbstmonaten September bis November verletzen sich im Schnitt (2022-2024) rund 2.600 Menschen pro Jahr. Die meisten Unfälle sind Folgen von Unachtsamkeit, Selbstüberschätzung und ungeeigneter Ausrüstung. Sie führen vor allem zu Stürzen (94%). Am häufigsten verletzt werden Knöchel und Fußgelenke (27%). Knochenbrüche, Sehnen- und Muskelverletzungen stellen die häufigsten Verletzungsarten dar.

Zahl der Wanderunfälle stieg in 6 von 9 Bundesländern
Die Zahl der Wanderunfälle ist 2024 in sechs von neun Bundesländern deutlich gestiegen. Besonders betroffen sind die großen Wanderregionen: die Steiermark verzeichnete insgesamt 1.900 Fälle (2023: 1.700), Tirol 1.800 (2023: 1.500), und Niederösterreich 1.300 (2023: 1.100). Auch Wien weist mit 1.700 Fällen einen deutlichen Zuwachs auf (2023: 1.400). In Oberösterreich erhöhte sich die Zahl von 1.600 auf 1.900, in Salzburg von 1.300 auf 1.500. In Vorarlberg, Kärnten und dem Burgenland sind die Zahlen nahezu gleich geblieben (in diesen Regionen werden jährlich unter 1.000 Wanderunfälle verzeichnet).

Hauptursachen bleiben Stürze und Stolperunfälle. Insbesondere das Ausrutschen hat zugenommen und verzeichnete in allen Bundesländern deutliche Anstiege. Deutlich seltener, aber in ihrem Anteil im letzten Jahr gestiegen, sind Fälle von akuter Überbeanspruchung. Gleichzeitig gingen Stürze aus großer Höhe sowie Stolperunfälle aus geringer Höhe in fast allen Regionen zurück.

„Wer schon beim Aufstieg merkt, dass die Kräfte nachlassen, sollte frühzeitig umkehren oder, falls vorhanden, für den Rückweg die Bergbahn nutzen“

Eine blonde Frau im schwarzen Blazer, lehnt mit vor der Brust verschränkten Armen an einer mit blauer Graffiti-Farbe besprühter Wand und lächelt in die Kamera.
Dr. Johanna Trauner-Karner, Leiterin der Abteilung Sport- und Freizeitsicherheit im KFV © KFV / APA Fotoservice / Krisztian Juhasz

Richtige Schuhwahl kann Verletzungen reduzieren
Gerade weil viele Verletzungen die Gelenke betreffen, spielt das Schuhwerk eine wichtige Rolle. Dr. Trauner-Karner betont: „Entscheidend sind nicht nur eine gute Schnürung und ein griffiges Profil, sondern auch, die Wahl des Schuhtyps.“ Bei Wanderungen im flacheren Gelände oder auf gut ausgebauten Wegen sind leichtere Schuhe mit etwas weicherer Sohle von Vorteil, da sie das Abrollen erleichtern und die Gelenke schonen. In alpinem, steinigem oder steilem Gelände sind hingegen Bergschuhe mit härterer, stabiler Sohle und ausgeprägtem Profil die bessere Wahl, weil sie mehr Halt geben und das Risiko des Umknickens deutlich reduzieren.

Mehr Unfälle gegen Ende einer Tour als zu Beginn
Besonders riskant ist oft der Weg zurück ins Tal. Denn gegen Ende einer Tour ereignen sich mehr Unfälle als zu Beginn. Müde Muskeln und Flüssigkeitsmangel führen dazu, dass selbst erfahrene Wanderer Fehltritte machen. Zudem werden Gelenke und Kreislauf stark belastet. Dr. Trauner-Karner betont: „Wer schon beim Aufstieg merkt, dass die Kräfte nachlassen, sollte frühzeitig umkehren oder, falls vorhanden, für den Rückweg die Bergbahn nutzen. Wer erst kurz vor dem Tal müde wird oder auf Strecken ohne Seilbahn unterwegs ist, riskiert, dass die Ermüdung zu Unfällen führt.“

Herz-Kreislauf-Probleme als häufigste Todesursache     
127 Menschen starben 2024 beim Wandern und Bergsteigen laut alpiner Unfallstatistik – ein Plus von 28 Prozent gegenüber 2023, wie die Zahlen des Kuratoriums für alpine Sicherheit (ÖKAS) zeigen. Heuer wurden bis inklusive 22. September 2025 laut KFV-Medienbeobachtung bisher mindestens 48 Todesopfer gezählt, wobei die tatsächliche Zahl höher liegen dürfte. Im Vorjahr lag die Zahl der Getöteten bei dieser Zählweise um die gleiche Zeit (bis inklusive 22. September 2024) bei 62 Todesopfern, wobei 2024 ein Ausnahmejahr im negativen Sinn war. Im Häufigste Todesursache ist Herz-Kreislauf-Versagen, das vor allem ältere Menschen betrifft. „Regelmäßige Bewegung im Alltag und gezieltes Training sind die beste Vorbereitung auf Wanderungen und Bergtouren“, so Dr. Trauner-Karner.

Tipps für sicheres Wandern:

  • Gut vorbereiten: Vor jeder Tour den Wetterbericht prüfen, ausreichend Zeit für Auf- und Abstieg einplanen und möglichst früh starten.
  • Ausrüstung anpassen: Warme, wetterfeste Kleidung im Zwiebellook mitnehmen, dazu Stirnlampe, Erste-Hilfe-Set und ausreichend Verpflegung. Bei rutschigen Bedingungen können Grödel oder Wanderstöcke zusätzliche Sicherheit bieten.
  • Schuhwerk überprüfen: Stabile Wanderschuhe mit passender Sohle wählen: Weichere Sohlen eignen sich für einfaches Gelände, härtere und profilierte Sohlen für alpines oder steiles Terrain. Wichtig ist, dass die Sohle intakt ist, da Gummi mit der Zeit aushärtet und an Haftung verliert.
  • Kräfte realistisch einschätzen: Regelmäßige Pausen einlegen, das Tempo den schwächeren Gruppenmitgliedern anpassen und bei nachlassender Kondition rechtzeitig umkehren oder, sofern vorhanden, die Bergbahn für den Abstieg nutzen.
  • Tourenplanung mit Karten und Apps: Vorab Strecke, Höhenmeter, Gehzeiten und Ausstiegs- bzw. Abkürzungsmöglichkeiten prüfen. Digitale Apps sind praktisch, und eine klassische Karte als Backup ist hilfreich, falls das Handy ausfällt.
  • Zeitreserven einplanen: Gerade im Herbst wird es früh dunkel, daher kann eine Stirnlampe mit Ersatzbatterien entscheidend sein.
  • Trinken nicht vergessen: Dehydration führt schnell zu Konzentrationsmängeln und Stolperunfällen. 1,5 bis 2 Liter Flüssigkeit sind selbst für Halbtageswanderungen ratsam.
  • Gruppendynamik beachten: In Gruppen das Tempo an die langsamste Person anpassen und regelmäßig Zwischenstopps machen. Viele Unfälle passieren, wenn jemand zurückbleibt oder versucht aufzuschließen.
  • Notrufwissen: Die alpine Notrufnummer 140 bzw. der Euro-Notruf 112 sollten bekannt sein.
  • Eigenverantwortung und Selbsteinschätzung: Bei Gewitterneigung, Erschöpfung oder schwierigen Wegverhältnissen lieber umkehren. Eine nicht beendete Tour ist immer besser als ein Unfall.

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