Wieviel Schnee hält (m)ein Dach?

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Schwere Schneemassen können Dächer zum Einsturz bringen, Bäume knicken und Hochspannungsmasten beschädigen. Wie viel Schnee kann ein Bauwerk tragen? Wie viel Druck hält (m)ein Hausdach aus? Das richtige Gespür für Schnee ist gefragt: Das KFV hat für Sie die wichtigsten Infos rund ums Thema Schneelast parat.

Dächer unter großem Druck sind keine gute Sache – denn nicht immer kommt alles Gute von oben: Hohe Schneelast kann zu Gebäudeeinstürzen oder Ausfällen in der Stromversorgung führen. Risikofaktoren sind einerseits extreme Neuschneemengen, die nicht rechtzeitig abgetragen werden, andererseits statische Mängel der Baustruktur und unzureichende Wartung. Besonders gefährdet sind Gebäude mit Flachdächern – wie auch ein aktueller Fall im Jänner 2021 in Liezen, Osttirol, drastisch zeigt.

Information über Risiken
In Sachen Schneelastgefahren ist Information über das regionale und persönliche Risiko gefragt: Wie gefährdet ist die eigene Wohnregion, wie belastbar das Dach des eigenen Heims? Wichtige Regional-Informationen liefert die digitale Schneelast-Risikokarte auf der Naturgefahren-Webseite HORA des BMLRT. Mit kostenloser Basis-Info mittels Mausklick auf einer geografischen Österreich-Karte ermöglicht dieser Service eine rasche Ersteinschätzung regionaler Risiken durch Naturereignisse.

So schützen Sie sich und Ihr Zuhause vor Schneelastgefahren:
  • Informieren Sie sich über das Grundrisiko Ihrer Wohnregion, über optimale Vorsorge, die richtige Versicherung, Wetterwarnungen & Co. auf den Webseiten HORA, ZAMG, VVO und bei lokalen Baubehörden!
  • Sorgen Sie vor: Hohe Qualität beim Dachausbau und regelmäßige Wartung sind ein Muss. Auch präventiver Baumschnitt rund ums Haus und sorgsame Standortwahl bei Neupflanzungen im Garten machen sich bezahlt. Melden Sie mögliche Gefahren durch bereits sichtbare Schäden an Bäumen auf öffentlichem Grund Ihrer Gemeinde!
  • Bedenken Sie, dass Schneeverwehungen unterschiedliche Schneehöhen erzeugen und ein falsches Bild der konkreten Gefährdungslage erzeugen können!
  • Reduzieren Sie Schneelasten am Dach Ihres Hauses durch regelmäßiges Abkehren oder Abschaufeln – am besten mit Hilfe von Profis wie Schnee-Service-Firmen oder Feuerwehr.

Hausbesitzerauge, sei wachsam!
Die Bauordnungen der österreichischen Bundesländer machen klar: Jeder Eigentümer ist für den Zustand seines Hauses und für dessen regelmäßige Überprüfung selbst verantwortlich. Dazu gehört auch die Beobachtung des Wohnobjekts in puncto Schneelast – für entsprechende Messungen ist das Know-how staatlich befugter und beeideter Ziviltechniker vonnöten.

Schneelastzonen: Der Osten ist anders
Österreich ist in vier Schneelastzonen eingeteilt: Während Haus- und Hallendächer im 11. Wiener Gemeindebezirk für eine Schneelast von 84 Kilogramm pro Quadratmeter konzipiert sind (ca. 0,5 m hoher stark gebundener Neuschnee), müssen alpine Dachkonstruktionen in St. Christoph am Arlberg Schneemassen von 1.080 kg/m2 standhalten. Im Wienerwald werden immerhin 176 kg/m2 als Maximalwert angenommen, in der Wiener Innenstadt wiederum nur die Hälfte davon. Diese Werte scheinen auf den ersten Blick hoch, doch die Gefahr von Schneeverwehungen und -verlagerungen, die punktuell deutlich höhere Lasten verursachen können, muss dabei stets berücksichtigt werden.

Die Dichte von Schnee
Schnee ist nicht gleich Schnee: Je nach Feuchte und Dichte ist er unterschiedlich schwer. Trockener Pulverschnee wiegt ca. 30 bis 50 Kilogramm pro Kubikmeter, feuchter Neuschnee hingegen bis zu 200 Kilogramm. Sobald der Schnee gefallen ist, beginnt er sich zu verändern: Schneeflocken werden zu Eiskristallen, die sich zu möglichst kleinen Oberflächen vereinen. Das Volumen nimmt ab, die Dichte nimmt zu – das Gewicht jedoch bleibt gleich. Bei Dachschrägen ist dieser Druck kein Problem: Je steiler das Dach, desto geringer die Schneelast. Bei einer Dachneigung von mehr als 60 Grad kann Schnee problemlos abrutschen. Hier heißt es dann: Achtung, Dachlawine!

Bewusstsein im Westen am besten
Im Rahmen einer 2018 österreichweit durchgeführten KFV-Erhebung zum Thema Naturgefahren gaben nur 3 % der Befragten an, Naturgefahren spontan mit Schneelast zu assoziieren. Dieses Phänomen wird vor allem in Salzburg, Tirol und Vorarlberg(jeweils rund 29 % im Vergleich zu 13 % im Gesamtösterreich-Schnitt) sowie in der Steiermark und in Kärnten (jeweils 19%) als konkrete Gefahr wahrgenommen. 11 % der befragten Steirer und Kärntner sowie jeweils 8 % der Salzburger, Tiroler und Vorarlberger waren bereits von dieser Problematik betroffen.

Persönliche Maßnahmen
Unter Dach und Fach: 22 % der vom KFV befragten Österreicherinnen und Österreicher sind gegen Schneelastschäden versichert, 54 % haben nach Unwetterwarnungen praktische Schutzmaßnahmen getroffen – doch nur 3 % davon konkret gegen Schneelasten. Wenig überraschend setzen sich Wiener am geringsten mit Baumaßnahmen in Sachen Schnee auseinander. Gefahrenbewusstsein, eigene Betroffenheit und das Ergreifen von Maßnahmen samt Versicherungsschutz sind in Österreichs alpinen Regionen naturgemäß häufiger Realität. Das Thema Schneelast tangiert das öffentliche Bewusstsein aber noch viel zu gering.

Drei Hauptrisikogruppen
Die drei Hauptrisikogruppen bei Schneelastgefahr: 1. Private Haus- und Grundstücksbesitzer, 2. Betreiber von Skiliften, Hallen und winterlichen Event Locations, 3. Bauern der Bereiche Obst-, Land- und Viehwirtschaft. Vom Hallendacheinsturz über zerstörte Hagelnetze auf eingeschneiten Obstplantagen bis zum beschädigten Wildzaun mit fliehendem Weidevieh – das richtige Gespür für Schnee schadet nie.

Vom Schnee überrascht: Was tun?

  • Schaufeln Sie rechtzeitig das Dach Ihres Hauses ab, bevor sich allzu große Schneemengen darauf ansammeln. Achten Sie dabei unbedingt auf eine Absturzsicherung oder lassen Sie – bei größerer Höhe und schwierigem Auf- und Abstieg – gleich Profis ans Werk!
  • Bei akuter Einsturzgefahr: Verlassen Sie umgehend das Gebäude und rufen Sie die Feuerwehr (Notruf 122)!

Sorgen Sie vor!

  • Optimismus ist gut – Kontrolle ist besser: Sorgen Sie für regelmäßige Wartung und Kontrolle Ihres Hausdachs durch Statik-Experten und bei Bedarf für eine bautechnische Unterstützung der Dachkonstruktion! Ein sicheres Dach über dem Kopf ist diesen Aufwand allemal wert.