In diesem Sommer schon mehr Todesopfer mit Motorrädern als mit Autos

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Die heißen Monate fordern ihren Tribut: Obwohl in Österreich achtmal so viele Pkw wie Motorräder zugelassen sind, verunglückten in diesem Sommer (von Anfang Juni bis inklusive 31. August 2025) schon mindestens 37 Personen mit Motorrädern tödlich und damit mehr als mit Pkw (34). Die Gesamtzahl der tödlich verunglückten Motorrad-Aufsassen summiert sich seit Jahresbeginn auf 59 Personen, in Pkw starben 2025 bisher 93 Personen. Das Kuratorium für Verkehrssicherheit (KFV) erklärt, was die Hauptgründe sind und wie die Zahl der Unfälle im Spätsommer und Herbst verringert werden kann.

Wien, 02. September 2025. Die Anzahl der tödlichen Motorrad-Unfälle ist bei heißem Wetter generell hoch. Dennoch sind im Schnitt der letzten fünf Jahre auch im Sommer mehr Personen in Pkw tödlich verunglückt als mit Motorrädern. Doch 2024 und 2025 hat sich der Trend umgekehrt. Und die Gefahr ist im Spätsommer und Herbst noch lange nicht gebannt, denn durch den Klimawandel zieht sich die Motorradsaison durch das warme Wetter immer mehr in die Länge, weshalb die Zahlen weiter steigen könnten. Dipl.-Ing. Klaus Robatsch, Leiter der Verkehrssicherheit im KFV dazu: „Bei gutem Wetter schnellen die Motorradunfälle im Schnitt auf das Achtfache von regnerischen Wochenenden hoch. Wir möchten daher gerade jetzt noch einmal eindringlich auf die häufigsten Unfallursachen hinweisen und Tipps zur Vermeidung von Unfällen geben“.

Höchste Anzahl an Verletzten in der österreichischen Motorradgeschichte
Noch drastischer ist die Entwicklung bei den Verletzten. Bereits im Jahr 2024 erreichte die Anzahl der Verletzten beim Motorradfahren mit 4.468 Personen den höchsten Stand in der österreichischen Motorradgeschichte. Die Anzahl der Getöteten (83) stieg auf den höchsten Wert seit 2018. „Mit Sorge beobachten wir bei dieser Entwicklung auch den Unfallanstieg bei jungen Menschen mit Motorrädern bis 125 cm³“, so Dipl.-Ing. Robatsch.

Zulassungsdaten steigen bei Motorrädern dreimal so stark wie bei Pkw
Ein weiterer Grund für die Unfallanstiege ist in den Zulassungsdaten zu finden, denn je mehr Fahrzeuge unterwegs sind, desto größer ist die potenzielle Unfallgefahr: Seit 2003 ist die Anzahl der zugelassenen Motorräder in Österreich im Schnitt jedes Jahr um 3,74 Prozent auf zuletzt 655.175 gestiegen, die Anzahl der zugelassenen Pkw ist hingegen nur um 1,24 Prozent pro Jahr auf 5,23 Millionen gewachsen (per Ende 2024). Trotz des dreimal so schnellen Wachstums bei Motorrädern sind in Österreich aber noch immer achtmal so viele Pkw zugelassen wie Motorräder. Dies verdeutlicht die viel höhere Gefahr beim Motorradfahren zu versterben als in einem Pkw. In diesem Sommer (von Anfang Juni bis inklusive 31. August 2025) sind schon mindestens 37 Personen mit Motorrädern tödlich verunglückt und damit mehr als mit Pkw (34). Seit Jahresbeginn starben beim Motorradfahren bisher 59 Personen und in Pkw bisher 93 Personen.

„Moderne Motorradbekleidung für den Sommer ist mit guten Belüftungssystemen und atmungsaktiven Materialien ausgestattet. Dies sorgt nicht nur für ein angenehmeres Tragegefühl, es verhindert auch Verbrennungen an heißen Auspuffteilen sowie tiefe und umfangreiche Schürfwunden bei Bodenkontakt“

Klaus Robatsch
Dipl.-Ing. Klaus Robatsch, Leiter des Bereichs Verkehrssicherheit im KFV © KFV / APA-Fotoservice / Schedl

Innovation aus Österreich im Kampf gegen häufige Unfallursache
Die häufigsten Ursachen für Motorradunfälle sind Übersehen des Motorrads durch andere Verkehrsteilnehmende und nicht angepasste Geschwindigkeit sowie einer Studie des KFV zufolge auch eigene Fahrfehler. Nach Unfalltypen dominieren Stürze ohne weitere Fahrzeugbeteiligung und das „Abkommen nach rechts in Linkskurven“. KFV-Tests auf ausgewählten Strecken haben gezeigt, dass durch spezielle Bodenmarkierungen (Balken, Ellipsen) die Unfallgefahr bei genau solchen Linkskurven mit schlechter Sicht, aber auch in anderen Situationen, wie etwa bei enger werdenden Rechtskurven, um rund 80 Prozent gesenkt werden können. Dipl.-Ing. Robatsch dazu: „Die vom KFV in den Tests gewonnenen wissenschaftlichen Erkenntnisse sind inzwischen von zahlreichen internationalen Partnern aufgegriffen worden und wurden mit dem europäischen Verkehrssicherheitspreis prämiert. Es wäre wünschenswert, wenn das große Präventionspotenzial dieser lebensrettenden Bodenmarkierungen auch in Österreich noch stärker genutzt würde“.

Im Ortsgebiet verzichten zu viele auf Schutzbekleidung
Neben der Verhinderung von Unfällen, ist auch die Senkung der Verletzungsschwere bei Unfällen enorm wichtig. KFV-Tests haben gezeigt, dass das Tragen von Schutzkleidung bei vergleichsweise leichteren Unfällen, besonders effektiv ist. Oft werden diese Unfälle durch eigene Fahrfehler verursacht. Wenn Fahrer und Fahrzeug noch fahrfähig sind, wird die Polizei häufig gar nicht verständigt. Dann scheinen diese in den Unfallstatistiken nicht auf. Daher ist es auch auf Kurzstrecken und bei hohen Temperaturen wichtig, nicht auf Schutzbekleidung zu verzichten. Die Judikatur geht ohnehin schon seit Jahren von einer Schutzbekleidungsobliegenheit aus und kürzt das Schmerzengeld auch bei nicht verschuldeten Unfällen. Allerdings hält sich derzeit bei weitem nicht jeder daran: Wie eine im vorigen Sommer durchgeführte KFV-Erhebung unter 8.841 Motorradfahrenden zeigt, trugen im Ortsgebiet nur 50 Prozent eine Schutzbekleidung. Im Freiland waren es immerhin 89 Prozent.

Prävention mittels Airbag-Westen, -Jacken und -Hosen noch stark ausbaufähig
Der Verkehrsexperte appelliert an die Vernunft und räumt auch gleich mit einem Mythos auf: „Moderne Motorradbekleidung für den Sommer ist mit guten Belüftungssystemen und atmungsaktiven Materialien ausgestattet. Dies sorgt nicht nur für ein angenehmeres Tragegefühl, es verhindert auch Verbrennungen an heißen Auspuffteilen sowie tiefe und umfangreiche Schürfwunden bei Bodenkontakt und kann in Kombination mit einem Helm das Risiko für Verletzungen nach einem Sturz deutlich reduzieren“, so Robatsch. Weitgehend ungenutzt ist auch das Potenzial von Airbag-Jacken und Airbag-Westen. Häufigster Unfalltyp ist der Sturz vom Motorrad, wobei Airbag-Jacken und -Westen insbesondere bei Unfällen, bei denen man nicht gegen ein Hindernis, sondern ‚lediglich‘ gegen die Fahrbahn prallt, besonders gut wirksam sind und beispielsweise schmerzhafte Rippenbrüche verhindern können. Auch Motorrad-Hosen gibt es bereits mit Airbags, und die lästigen Reißleinen, die früher im Ernstfall den Airbag ausgelöst haben, sind mittlerweile weitgehend durch ausgeklügelte Elektronik ersetzt worden. Moderne Sturzerkennungssysteme würden heute in Sekundenbruchteilen den Airbag aufblasen.

In 30er-Zonen wird mit Motorrädern öfters gerast als mit Pkw
Wie Tempo-Messungen des KFV an Messstellen in ganz Österreich zeigen, ist der Anteil der Raser beim Lenken von Motorrädern deutlich höher als bei Pkw. Jeder 10.000. Pkw-Lenkende rast in Tempo-30-Zonen mit 80 km/h oder noch schneller dahin, bei den Motorrädern ist es sogar jeder 130-igste. „Runter vom Gas, insbesondere in derart sensiblen Zonen, denn damit gefährdet man nicht nur sich selbst, sondern auch andere“, appelliert Dipl.-Ing. Klaus Robatsch.

Verletzte

GetöteteHelm tragen ist wichtig: Die Anzahl der Verletzten hat sich seit 1976 mehr als verdoppelt; die Anzahl der Getöteten ist hingegen leicht rückläufig. Am 1. Jänner 1979 wurde die Helmpflicht in Österreich eingeführt, bestraft wird das Nichttragen bei Motorrädern seit 1. Jänner 1985. ©KFV

Tipps zur Erhöhung der Verkehrssicherheit beim Motorradfahren

  • Geschwindigkeitslimits einhalten, um nicht sich selbst und andere zu gefährden.
  • Auch Profis sind nicht vor Motorradunfällen gefeit, sei es durch eigene Fahrfehler oder durch Fremdverschulden. Die 45- bis 60-Jährigen führen noch vor den ganz Jungen die Verletztenstatistiken an. Darunter dürften auch etliche Neu- und Wiedereinsteiger*innen In Fahrsicherheitstrainings kann jeder und jede noch etwas dazulernen.
  • Flüssigkeitsmangel kann die Aufmerksamkeit stark beeinträchtigen. Also nicht nur den Tacho des Motorrads im Auge behalten, sondern auch den eigenen Körper und Trinkpausen einlegen.
  • Die Displays einiger Motorräder können bei starker Sonneneinstrahlung stark spiegeln. Eine Kombination aus Blendschutz und matter Schutzfolie schafft Abhilfe.
  • Auch bei extremer Hitze sind Vollvisierhelm, Handschuhe, Schutzanzug und Stiefel ein Muss. Auf gute Qualität und Wärmeregulierung achten.
  • Moderne Airbag-Jacken und Airbag-Hosen bieten insbesondere bei leichteren Unfällen eine gute Schutzwirkung, um gröbere Blessuren zu verhindern.
  • Bei Gruppenfahrten sollte man seitlich leicht versetzt und mit Sicherheitsabständen fahren. Keine Überholmanöver innerhalb der Gruppe. Größere Gruppen auf fünf bis sieben Biker aufteilen und auf einen ähnlichen Fahrstil und ähnliche Erfahrungen achten.
  • Beim Inhalt der Seitentaschen auf die gleichmäßige Gewichtsverteilung
  • Vor dem Losfahren die technischen Funktionen überprüfen und wenn der Sommer vorbei ist, sollte man daran denken, dass helle Kleidung an dunklen Herbsttagen die eigene Sichtbarkeit besonders gut erhöhen kann.

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